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Mukopolysaccharidose Typ I (MPS I)

Bei der Mukopolysaccharidose Typ 1 (MPS-I) handelt es sich um eine sehr seltene, schwerwiegende, angeborene lysosomale Speicherkrankheit. Sie beruht auf einem ge­ne­tischen Defekt, der zu einem Mangel eines bestimmten Eiweißes, einem sogenannten Enzym (Fachname: α-L-Iduronidase) in bestimmten Bereichen der Zelle, die man Lysosomen nennt, führt. Durch diesen Enzym­mangel können bestimmte Stoffwechselprodukte nicht mehr in den Lysosomen abgebaut werden, sodass sie sich dort anreichern (daher lysosomale Speicherkrankheit) und die Zellfunktion stören.

Bei den gespeicherten Stoffwechselprodukten handelt es sich um bestimmte, sogenannte Glykosaminoglykane (oft als GAG abgekürzt). Diese sind aus veränderten Zucker­molekülen aufgebaut und wurden früher auch als Mukopolysacccharide bezeichnet (wovon sich auch der Erkrankungsname Mukopolysaccharidose ableitet). Glykosaminoglykane sind im ganzen Körper am Aufbau von Stütz- und Bindegewebe (z.B. Knorpel, Knochen, Gefäßwände, Atemwege, Hornhaut, Haut oder Gelenk­flüssigkeit) beteiligt. Auf der Zell-, Gewebe- und Organebene führt dies schließlich zu Fehlfunktionen und Schädigung. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die bei MPS I auftretende Speicherung von Glykosaminoglykanen in nahezu allen Organen und Geweben zu Krank­heits­zeichen (Fachbegriff: Symptome) führen kann. Deshalb spricht man im Zusammenhang von MPS-I oft von einer Multisystemerkrankung. Die Erkrankung MPS I schreitet kontinuierlich fort und kann dann zu unterschiedlich starken Beeinträchtigungen führen.

Wie man heute weiß, haben alle Patienten mit MPS I einen Mangel desselben Enzyms, der α-L-Iduronidase. Dennoch sind die Verläufe unterschiedlich. Diese Verlaufsformen werden historisch bedingt verschieden bezeichnet: Mit Morbus Hurler (bisweilen auch Morbus Pfaundler-Hurler oder Morbus Hurler-Pfaundler) bezeichnet man die schwerste Verlaufsform der Muko­poly­saccharidose Typ I mit meist ausgeprägter Beteiligung des zentralen Nervensystems. Sie ist benannt nach der deutschen Kinderärztin Gertrud Hurler, die die Erkrankung 1919 erstmals beschrieb.

Eine im Vergleich mildere Verlaufsform ist der sogenannte Morbus Scheie, benannt nach seinem Erstbeschreiber, dem US-Augenarzt Harold Scheie (ausgesprochen „Sch-ä-i“). Daneben wird oft noch eine Verlaufsform abgegrenzt, deren Schweregrad zwischen der des Morbus Hurler und des Morbus Scheie liegt. Sie wird folgerichtig als Morbus Hurler-Scheie bezeichnet. Heutzutage wird zunehmend die Klassifikation in Mukopolysaccharidose Typ I mit und ohne Beteiligung des zentralen Nervensystems (Fachbegriff: neuronopathische bzw. nicht-neuronopathische Verlaufs­form) verwendet.


1. Wie sehen häufige Symptome bei Mukopolysaccharidose Typ I aus?

  • Änderungen des äußeren Erscheinungsbildes und Gesichtsveränderungen
  • Geistige Beeinträchtigungen, wenn das Nervensystem beteiligt ist
  • Wachstumsstörungen; Stillstand des Wachstums
  • Einschränkungen der Bewegung durch Veränderungen der Knochen  und Gelenkstrukturen
  • Oft schon in der Kindheit/Jugend Druckschädigung des Medianusnervs am Übergang zur Hand mit Gefühlsstörungen und ggf. Lähmungserscheinungen (Fachbegriff: Karpaltunnelsyndrom)
  • Gelenksteifigkeit (Fachbegriff: Kontrakturen)
  • Nabelbrüche und Leistenbrüche (Fachbegriff: Hernien)
  • Vergrößerungen der Leber und der Milz
  • Mögliche Taubheit als Folge häufiger Infektionen der Gehörgänge und Knochenveränderungen im Mittelohr
  • Einschränkungen der Funktion der Lunge und der oberen Luftwege sowie Infektionen der Lunge und Atemwege
  • Sehverlust vor allem durch Hornhauttrübungen oder grauen Star
  • Veränderungen am Herzen und an den Herzklappen
  • Veränderungen an den Blutgefäßen
  • Störungen der Atmung während des Schlafes (Folge: Müdigkeit, evtl. Kopfschmerzen)
  • Entstehung eines Wasserkopfes (Fachbegriff: Hydrozephalus) durch die Ansammlung von Nervenwasser (Fachbegriff: Liquor) im Gehirn
  • Probleme bei der Verdauung

Wichtig! Neben der Mukopolysaccharidose Typ 1 gibt es weitere MPS-Formen, die praktisch identische Symptome zeigen können, jedoch eine andere Ursache haben und damit einer anderen Therapie bedürfen.


2. Wie wird die Diagnose Mukopolysaccharidose Typ I gestellt?

Bei entsprechendem Verdacht kann der Arzt mittels eines einfachen, unkomplizierten Tests mit wenigen Tropfen Blut den Enzymmangel nachweisen und so die Diagnose sichern oder ausschließen.


3. Therapie bei MPS I

Die Erkrankung MPS I kann behandelt werden. Wenden Sie sich gerne für weitere Informationen an Ihren behandelnden Arzt oder an ein MPS I Expertenzentrum in Ihrer Nähe.


4. Große Bandbreite des Krankheitsverlaufs einer Mukopolysaccharidose Typ I

Obwohl bei allen betroffenen Patienten das gleiche Enzym defekt ist, gibt es bei dieser Erkrankung große Unterschiede im Zeitpunkt des Auftretens und in der Ausprägung der Erkrankung. Erste Krankheitszeichen können – je nach Krankheitsverlauf – im Säuglingsalter, in der Kindheit oder bei jungen Erwachsenen auftreten. Der Krankheitsverlauf lässt sich aus Laboruntersuchungen allein derzeit nicht sicher vorhersagen.

Bei der MPS I (Fachbegriff: Mukopolysaccharidose Typ I) handelt es sich um eine Erkrankung, die den ganzen Organismus betrifft. Die Mukopolysaccharid-Ablagerungen und die daraus folgenden Krankheitszeichen (Fachbegriff: Symptome) nehmen im ganzen Körper kontinuierlich zu. Wird MPS I nicht behandelt, können sich die Symptome kontinuierlich (Fach­begriff: progredient oder progressiv) verschlimmern, die eingetretenen Organschäden sind dabei teilweise auch nicht mehr umkehrbar.

Als MPS I-Hurler wird die schwerste Verlaufsform dieser Speichererkrankung bezeichnet. Dies tritt bereits in frühester Kindheit auf. Ein Kind mit einer Muko­poly­saccharidose vom Typ-Hurler weist die klassischen Symptome auf (z.B. typische Veränderungen des Schädels sowie der Knochen und Gelenke, Kleinwuchs, Störung des Hör- und Sehvermögens, Leber- und Milzvergrößerung, Behinderung der Atmung, Störung der Herz-­Kreis­lauf­funk­tionen). Hinzu kommt eine schwerwiegende geistige Behinderung. Leider versterben die meisten dieser kleinen Patienten zwischen dem achten und zehnten Lebensjahr, häufig an Herzversagen oder Lungenentzündung.

Als die „verzögerte” Verlaufsform gilt die sog. MPS I vom Typ Scheie. Sie stellt das andere Ende des Ver­laufs­spektrums dar. Bei diesen Patienten sind vor allem die Augen, das Herz und das Skelettsystem betroffen. Da die Patienten häufig eine Körpergröße im unteren Normalbereich zeigen, werden sie oft erst im 2. Lebensjahrzehnt durch Hornhauttrübung und Gelenkversteifungen beim Arzt auffällig. Die Scheie-Patienten können ein fast normales Lebensalter erreichen und sind auch in ihrer geistigen Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt.

Als intermediäre Verlaufsform der Mukopolysaccharidose Typ I (Fachbegriff: MPS I-Hurler/Scheie) werden die Formen bezeichnet, die zwischen den beiden Extremen des klinischen Spektrums der MPS I-Formen Morbus Hurler und Morbus Scheie liegen. Dazwischen gibt es alle möglichen Ausprägungen.


5. MPS I Kompetenzzentren

Spezialisierte Kliniken und Zentren, die sich mit der Erkrankung MPS I beschäftigen, sind hier aufgelistet.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass ein Patient – vom ersten Verdacht auf eine lysosomale Speicherkrankheit bis zur Therapie – oft eine Odyssee bei unterschiedlichen Fachärzten durchläuft.

Spezialisierte Kliniken und Zentren verfügen über langjährige Erfahrung in der Betreuung von Patienten mit lysosomalen Speicherkrankheiten. Dieses Wissen möchten sie Ärzten und Patienten gerne zur Verfügung stellen und haben deswegen ihre Kontaktdaten angegeben.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte direkt an die entsprechenden Kliniken und Zentren.

Hinweis:
Die auf dieser Website befindliche Liste von spezialisierten Kliniken bzw. Zentren ist nicht abschließend. Bislang nicht aufgeführte Zentren können jederzeit ergänzt werden.

Kompetenzzentren MPS I

oder

Download der Kompetenzzentren MPS I als PDF

(Aktualisierung April 2021)

MAT-DE-2102078-1.0-04/2021

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